Sie sind selten und sie sind alt. Im aktiven Gebrauch sind sie kaum noch zu finden. Die Rede ist von den alten, schönen Wörtern. Wörter und Ausdrücke von früher, die uns heute mitunter seltsam anmuten. Ihnen gemeinsam ist die Originalität des Ausdrucks, die Kreativität und Fantasie, die drinnen steckt. Das hören wir auch heute noch mühelos heraus.
Hat man so wirklich einmal geschrieben? Ja, das hat man. Und wirklich fremd ist uns vieles davon auch überhaupt nicht. Manchmal muss man nur ein wenig darüber nachdenken. Es ist das Unvertraute, das uns stolpern lässt.
Eine Bibliothek der schönen Wörter ... Ja, es gibt sie noch, die schönen Wörter. Begriffe mit dem besonderen Klang. Wörter, die Sehnsüchte und Erinnerungen in uns hervorrufen. Die Welt von damals, sie ist noch vorhanden. Erinnerungen an Altes und längst Vergessenes. Was verloren ging, ging nie ganz, die Sprache bewahrt es für uns. Hier ist eine wunderfrohe Blütenlese in Buchform mit den schönsten Wörtern der deutschen Sprache. Jetzt ansehen
Diese Wörter stammen aus Zeiten, die wir aus unserem eigenen Erleben nicht kennen und nie kennengelernt haben, die uns bestenfalls aus Büchern oder Filmen vertraut sind. Freude bringen sie sie dennoch, denn ihnen wohnt ein Zauber inne.
In vielen dieser Begriffe steckt eine grandiose Bildlichkeit. Wörter haben die Zeit in sich eingeschlossen und einen Hauch davon für uns bewahrt. Behandle sie darum sanft und respektvoll. Siehe auch:
- 69 schöne vergessene Wörter von früher, die zu kennen interessant ist
- 89 selten schöne Wörter und was sie bedeuten – Teil 4
- 39 witzige, inspirierende Wörter von früher
Liste mit ausgesuchten Wörtern aus der Schönwörterey
Eine kleine Auswahl trefflicher Wortschönheiten. Alt und schön muss ein Wort sein, um hier zu erscheinen. Ein trefflicher Klang erfreut uns darüber hinaus. Diese deutschen Wörter sind manchmal schön, manchmal fantastisch und manchmal originell. In jedem Falle aber alt. Alphabetisch sortiert.
- Augendienerei (Scheinheiligkeit, Heuchelei, Gefallsucht)
- beschnauben (beriechen, beschnuppern)
- Bezauberer (Zauberer)
- Blütenkühle (im Sommer, eine duftende abendliche Kühle)
- Butzbirne (Ohrfeige)
- Darmstreicher (mieser Geiger, auch Bierfiedler)
- Eselsgrille (dämlicher Einfall)
- flatterschön (vergänglich schön)
- Fledergeist (flatterhafter Geist, man denke an die Fledermaus)
- Fiebertraumgeschwätz
- Fratzenpuppe (albernes Mädchen, Fratzen machendes Gesicht)
- frohmurmelnd (von einem munter dahinfließenden Bach gesagt …)
- Frühwindhauch
- Funkeltier (Tier mit funkelnden Augen)
- Gänseseele (Feigling)
- Galgenfrüchtlein (böser Junge, Galgenjunge)
- Galgengesicht (Diebsgesicht)
- Gewaltshand (ausgeübte Gewalt)
- glückgeschwellt (ein glückgeschwelltes Herz …)
- gottfroh (sehr froh, froh in Gott)
- grabesschaurig (grauenerregend)
- Groschenwerk (einfachstes Produkt künstlerischer Tätigkeit)
- hasensanft (sanft und weich wie ein Häschen)
- hasieren (nach Art eines Hasen umherschweifen)
- Heilnacht (Christnacht)
- Heldenweg (der Weg, den ein Held zu gehen hat)
- henkerskühn (wie ein Henker, wie der Teufel)
- Hennenmann (einer, der mit Hennen handelt, Geflügelhändler)
- Herzenskühle (das Gegenteil von Herzenswärme)
- Himmelslieblichkeit (die bezaubernde Sanftheit des Himmels)
- Höllenpotzmarter! (Ausruf der Überraschung)
- Hühnerweh (krampfartiger Husten mit Tönen, die Hühnergeschrei ähneln)
- Karfunkelgesicht (brennend rotes Gesicht)
- Lachkitzel (Lachreiz)
- Lappenkunst (Kunst der Narren und Dummköpfe)
- Launer (einer der launt, mürrisch dreinsieht)
- Launerei (Schrulle, Spleen, wunderliche Laune)
- Liebessinnenrausch (siehe Zitate)
- lustdurchdrungen
- Herzensflut (Tränenstrom)
- Marxmonat (April, nach dem Tag des heiligen Marcus)
- Mäßigkeitssache (Temperenz, Abstinenz)
- Mitternachtsglanz (durch Sterne und die Milchstraße verursachter Himmelsglanz zur mitternächtlicher Zeit)
- mitternachtwärts (auf Mitternacht zu)
- Mittnachtwind (Mitternächtlerwind)
- Pfauenstreicher (Schmeichler)
- Pfauentritt (mit gemessenem Schritt stolz einherschreiten, stolz wie ein Pfau gehen)
- rosenblätterfarben (Farbwort)
- Schandlächeln (spöttisch lächeln)
- Schandvogel (schändlicher, schmähsüchtiger Mensch)
- Scharmutzieren (Flirten, früher auch poussieren oder liebäugeln)
- Schlaftau (Schweißperlen im Gesicht eines schlafenden Menschen)
- Schlecknase (Schleckermaul)
- Schlüffel (ungebildeter, roher oder auch ein träger, nachlässiger Mensch)
- Schlüfflerei (geheime, böse Absicht, Streich)
- Schmeckerlust (Gelüste eines Feinschmeckers)
- Schnapphahnerei (in der Art eines Strauchdiebes)
- schönheitsdurstig (nach Schönheit verlangend)
- schwarzsüchtig (melancholisch)
- Sechsgroschenwein (schlechter, billiger Wein)
- Seligmachergilde (Priesterschaft)
- seligrot (gesagt vom roten Glanz in einem Gesicht)
- Sonnenstäubchen
- storchbeinen (storchbeinig gehen, sich wie auf Storchbeinen fortbewegen)
- Strumpfverleger (Strumpfhändler)
- Sudelbude (abwertend für Kochbude, Garküche, Imbißssstand)
- Sudelköchin (dreckige, schlechte Köchin)
- Taumelfest (ein Fest, bei dem man sich den Genüssen und der Freude bis zum Taumel hingibt, nach DWB)
- Taumelnacht (im Rausch durchschwärmte Nacht)
- Teufelsmeisterstück
- Trödelputz (billiger Flitter und andere Putz und Tand)
- Wehbengel (Knüppel, der Schmerz bereitet)
- wehherzig (wehmütig)
- Weltenschöne (Weltenschönheit, Schönheit der Welt)
- wortkühn (mutig, aber nur in Worten)
- Wortverkäufer (jemand der viel redet, aber nichts aussagt)
- Zikadengezwitscher
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Alte Begriffe in der Literatur
Annemarie liebte es, bei offenem Fenster zu schlafen. Sie hatte keine Nachbarschaft. Wenn sie das Licht aufkippte, konnte sie sich sorglos entkleiden und die nackten Arme und Schultern in der weichen Blütenkühle der Nacht baden, während sie langsam die lichtbraunen Flechten löste.
Marie Eugenie delle Grazie: Das Buch der Liebe, 1916
Und das größte Mysterium der Schönheit zeigte sich ihrem schönheitsdurstigen Blick, in der duftblauen Nacht, in der Erde und Himmel in eins verdämmerten. An der Wellenschleppe des Dampfers sprühten phosphorblaue und gleißend gelbliche Brillantfeuer – am Bug der kleinsten Welle funkelten Brillanten – je mehr man hineinschaute, je tiefer und mystischer begannen sie zu leuchten. Sie saß wie verzückt – war das Wahrheit oder träumte sie? War denn eine solche Schönheit auf Erden möglich?
Der Park aber in seiner phantastischen Tropenfülle, mit seinen Schauern südlicher Blüten, erregte ihre Sinne bis aufs äußerste. Nie, schien es ihr, hatte sie noch solch leidenschaftlich üppiges Wachsen und Verschlingen gesehen. Es war ihr, als wollten sich alle Zweige verflechten und inbrünstig umklammern. Es war wie ein Liebessinnenrausch durch den ganzen, tiefverwucherten Park.
Beide Zitate aus: Hermione von Preuschen: Yoshiwara – Vom Freudenhaus des Lebens, 1920
Das junge Ehepaar, das sich in einem so ungewöhnlichen Liebesbriefwechsel näherkam, ist nun in einem kleinen möbliert gemieteten Häuschen in Edinburg installiert und so glücklich als es sein kann. Der Gatte versichert Mutter und Bruder, seine junge Frau sei heiter und froh wie eine Schwalbe, er dagegen sei verdrießlich, krank, schlaflos, nervös, gallsüchtig, schwarzsüchtig und alles übrige noch.
Franz Blei: Himmlische und irdische Liebe in Frauenschicksalen, 1928
Als ich in der Klasse erschien, genoß Adler unter den Schülern unbedingte Ehrfurcht. Keinem fiel es damals ein, etwas Komisches an ihm zu finden. Auch ich stand unter dem Banne dieser Verehrung. Nur manchmal, wenn er feierlich vor sich hinstarrte oder seine tiefsinnig-stockenden Antworten hervorstieß, verspürte ich einen Lachkitzel, den ich schnell unterdrückte.
Franz Werfel: Der Abituriententag, 1928
In der Pause setzte Tom sein Scharmutzieren mit Anny fort, voll jubelnder Selbstzufriedenheit. Er versuchte sich dabei stets in Beckys Nähe zu halten, um sie mit dem Anblick zu foltern. Erst fand er sie nicht; endlich erspähte er sie und siehe da – sein Thermometer sank, sank bis ins Bodenlose hinein.
Mark Twain: Tom Sawyers Abenteuer und Streiche, 1876
Werkstattbericht
Das Beitragsbild stammt aus dem Fundus von Pexels. Die verwendeten Google Fonts sind BenchNine und PT Sans. Recherche bei der Textarbeit, via Google Booksearch, DTA und im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm.
Interessante Wörter, danke