Das Buch mit den Schimpfwörtern erschien bereits 1838, ist also über 180 Jahre alt. Geschimpft und beleidigt wurde natürlich schon immer.
Aber früher mit einem durchaus anderen Klang – und mit reichlich Fantasie. Heute ist das alles viel derber, krasser. Doch die Schimpfwörter von damals sind aller Ehren wert, wenn man so will. Auch mit ihnen läßt es sich trefflich beleidigen und vom Leder ziehen.
Die Bibliothek der schönen Wörter … Katastrophen und schlechte Nachrichten gibt es genug, warum sich nicht auch mal wieder mit etwas Schönem beschäftigen? Hier sind Bücher zum Träumen und Schwelgen. Wörter, die der Seele schmeicheln. Erinnerungen an Altes und längst Vergessenes. Was verloren ging, ging nie ganz, die Sprache bewahrt es für uns. Hier ist eine wunderfrohe Lese in Buchform mit den schönsten Wörtern der deutschen Sprache. Jetzt ansehen
Ich habe mich auf Schatzsuche begeben, um die originellsten, unflätigsten und lustigsten Begriffe von damals auszugraben. Hier ist meine kurzweilige Auswahl. Lassen wir uns in eine urwüchsige Zeit entführen und zu neuen Ausdrucksweisen anregen. Solange man Spaß hat, ist das erlaubt. Man sollte derartige Liebenswürdigkeiten allerdings niemandem an den Kopf werfen.
Das Deutsche Schimpfwörterbuch ist eher ein Büchlein. Google hat es abgescannt und stellt es, da es urheberrechtsfrei ist, online zur Verfügung. Ich habe den Wörterbuchteil aufmerksam durchgearbeitet, mich mit alten Schimpfwörtern regelrecht aufgeladen und präsentiere dir hier nun das Beste aus dem alten Schinken. Es wurde seinerzeit übrigens anonym in Thüringen veröffentlicht.
So manches ist heute nicht mehr verständlich. Schon mal von einem Bettlunzer gehört? Google kennt das Wort nur über dieses Buch – und demnächst über diesen Artikel. Ein Lunzer ist ein Faulenzer, ein Bettlunzer demnach jemand, der sich in seinem Bette faul herumwälzt.
Begriffe dieser Art habe ich nur ausnahmsweise in die Liste aufgenommen. Zumeist sind es Wörter, die verständlich sind, die man noch oder wieder benutzen kann und die selten vorkommen. In meiner subjektiven Auswahl.
Das eine oder andere ginge doch auch heute noch und bringt ein bischen historische Farbe in Texte. Viele der im Buche genannten Wörter sind keine eigentlichen Schimpfwörter, sondern gewöhnliche Begriffe. Es kommt eben auch hier auf den Kontext an, in dem ein Wort gebraucht wird.
Eine kleine Warnung: Nett ist das nicht immer, politisch korrekt im heutigen Sinne ist das Werk natürlich auch nicht.
Besonders gut gefallen haben mir das Bratwurstmaul, der Bröseldieb, die Gabelreiterin (gemeint ist eine Hexe) und der Ofenpudel. Siehe auch:
- 79 alte und spaßige Schimpfwörter aus dem Grimmschen Wörterbuch
- 57 alte spaßige Bezeichnungen für Menschen mit gewissen Verhaltensweisen
- 49 trinklustige, vorwiegend alte Saufwörter
Liste mit Höhepunkten aus dem Deutschen Schimpfwörterlexikon von 1838
Manches ist im Original nicht gut zu lesen, der Scan ist nicht immer sauber, die Seiten manchmal schief oder verschmutzt. Dann ist der Text auch noch in Fraktur (𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯) gehalten. Egal, du musst ihn dir nicht durchlesen, das habe ich schon getan. Hier ist das Beste daraus:
- Allmannshure (eine, die jeden nimmt)
- Andächtler
- Arschgucker
- Arschkröte
- Arschmonarch
- Auswürfling
- Bartputzer
- Batzenschmelzer (Batzen = Geld; gemeint ist ein Verschwender)
- Bauchpfaffe
- Bergeinreißer
- Besenreiter
- Bettbrunzer
- Bettelgänger
- Bettelpack
- Bettpisser
- Bierhausschwätzer
- Blitzbube, Blitzjunge, Blitzkerl
- Bohnenjokel (müsste man heute Bohnenjockel schreiben; Jockel = dummer, einfältiger Mensch)
- Brandweinbulle
- Bratwurstmaul
- Brausekopf
- Bröseldieb
- Brummteufel
- Brunzprophet
- Büchsenscheißer
- Buchstäbler
- Bullenbeißer
- Buttermilchgesicht
- Dachstübler
- Dickscheißer
- Dirnenjäger
- Donnerhagelsjunge, Donnerhagelskerl
- Donnerhagelspack
- Donnermaul
- Doppelzüngler
- Dorffräulein
- Dreckschwalbe
- Eckenpisser
- Elendswurm
- Empfindler
- Erzfuchsschwänzer
- Erzgalgenschwengel
- Faulbauch
- Federfechter
- Feierbursch
- Fensterscheibenzähler
- Fintenmacher
- Fragenichts
- Freßmops
- Freudenstörer
- Gabelreiterin (Hexe)
- Galeerenhure
- Galgengesicht
- Gardinenprediger
- Gassenschwenzler
- Geldwolf
- Gelegenheitsmacher
- Glattbacke
- Glaubensschwärmer
- Glotzbock (einer, der wie ein Bock starrt)
- Gurkenmaler (schlechter, stümperhafter Maler)
- Hängebacke
- Hängemaul
- Hannsdumm
- Hanswurstgesicht
- Hasenkanzler
- Himmelsfechter
- Kerbengeiger
- Klappermann (eigentlich Gerippe, der Tod)
- Latschliese
- Latschmichel
- Leckerzunge
- Lügenluder
- Mauerscheißer
- Milchling
- Milchmaul
- Milchsuppengesicht
- Mutterpüppchen
- Nimmernüchtern
- Ofenpudel
- Pampschwester
- Pantoffelritter
- Sauermaul
- Saufgurgel
- Schandbalg (Ein in Schande und Unehren erzeugtes Kind = Bastard)
- Scheißenschlucker
- Scheißmatz
- Schielbock
- Schlabbertasche (Labertasche)
- Schlampampenmacher (schlampampen meint gierig, schmatzend und ohne Manieren zu essen, das Wort Schlampe dürfte wohl auch daher kommen)
- Schlappstrumpf
- Schwartenrutscher
- Schwindelhirn
- Spatzenkopf
- Spitzbubenherbergsvater
- Straßenlungerer
- Sündenvogel
- Talglümmel (ein dicker junger Mensch, dessen Haut wie fettig wie Talg glänzt)
- Tausendschelm
Alte Schimpfwörter in der klassischen Literatur
Mr. Tredegar, der Rechtsbeistand der Familie, der es für seine Pflicht gehalten hatte, die Witwe auf ihrem Inspektionsbesuch zu begleiten, wandelte den Raum mit kurzen, pompösen Schritten auf und ab, die Zigarre zwischen seinen Lippen und seine Arme verschränkt auf dem Rücken. Er schob seinen Spatzenkopf vor, suchte die beleidigende Räumlichkeit ab und beendete seine Begutachtung, indem er seine Augen auf Mrs. Westmores bezauberndem, verdrießlichem Gesicht ruhen ließ.
Edith Wharton: Des Baumes Frucht, 1907
An diesem Tische saß ein Mädchen, schön wie die Sonne, so daß Kilian vor Verwunderung fast erstarrte. Jedoch die Jungfrau forderte ihn mit lieblichen Worten auf, sich zu ihr an den Tisch zu setzen und an der Mahlzeit teilzunehmen. Dies ließ sich der hungrige Kilian nicht zweimal sagen, und da nun ein köstliches Gericht dem anderen folgte, so vergaß er bald alle Scheu und fing an, ganz mörderisch einzuhauen und recht nach Herzenslust zu schlecken und zu schlampampen.
Heinrich Seidel (1842 – 1906): Die drei Brüder (Märchen)
Letzte Ostern, erzählte sie, habe er ein rot und gelbes Kattunfoulard von ihr erhalten, auf Pfingsten ein Paar Schuh, und zu Neujahr hätte sie ihm ein Paar wollene Strümpfe und eine Pelzkappe bereit, dem miserablen Kerl, dem Knirps, dem Milchsuppengesicht!
Gottfried Keller: Der grüne Heinrich, 1854 – Kattun = Baumwoll-Gewebe, Foulard = Seidenhalstuch.
Werkstattbericht 🔧
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