Die schöne Lilofe … 99 fantasievolle Wörter von Max Geißler

Die schöne Lilofe ... 99 fantasievolle Wörter von Max Geißler

Juwelen findet man in vielen Büchern. Manchmal stößt man auf einen Hort. „Die schöne Lilofe“ erschien 1916. Hier lassen sich ganz wunderbare Entdeckungen machen. Ich habe das Buch gelesen und mir dabei notiert, was ich aus der Sicht schöner Wörter festhaltenswert fand.

Der Schriftsteller Max Geißler lebte von 1868 bis 1945. Es ist der Roman einer verkehrten Erziehung, so erfährt man im Untertitel. Und so verläuft die Geschichte dann auch, Lilofe – die Betonung liegt auf dem „o“ – ist ein Backfisch, wie er im Buche steht. Es ist aber kein Mädchenroman.

Schöne Wörter Bücher Eine Bibliothek der schönen Wörter ... Ja, es gibt sie noch, die schönen Wörter. Begriffe mit dem besonderen Klang. Wörter, die Sehnsüchte und Erinnerungen in uns hervorrufen. Die Welt von damals, sie ist noch vorhanden. Erinnerungen an Altes und längst Vergessenes. Was verloren ging, ging nie ganz, die Sprache bewahrt es für uns. Hier ist eine wunderfrohe Blütenlese in Buchform mit den schönsten Wörtern der deutschen Sprache. Jetzt ansehen

Ich will dich nicht überzeugen, den Roman zu lesen. Er ist in vielerlei Hinsicht unmodern, aus ihm spricht ein altertümliches Frauenbild, das könnte stören. Gelesen haben muss man ihn nicht. Aber du musst ja auch nicht. Soweit es um Wörter geht, habe ich vorgearbeitet.

Der Roman ist kostenlos zu haben bei Projekt Gutenberg. Amazon bietet eine gratis Kindle-Ausgabe

Viel Handlung gibt es letztlich nicht. Das Buch hat ein ruhigeres Tempo, als man es aus zeitgenössischen Romanen gewohnt ist. Lilofe ist ein hübsches, verwöhntes, reiches Mädchen, das von seiner Gouvernante nicht ausreichend auf das Eheleben vorbereitet wird. So flattert sie durch ihr erblühendes Leben und wird von ihm enttäuscht. Am Ende überwindet Lilofe ihre falsche Erziehung und weiß, was zu tun ist.

Hier hatte jemand sichtlichen Spaß daran, aus dem Vollen zu greifen, es regelrecht in seinen Schilderungen zu übertreiben. Mag es auch manchmal kitschig ausgefallen sein. Geißler pflegte eine bildhafte, erfindungsreiche Sprache. Originelle Schilderungen von Emotionen und Naturereignissen. Siehe auch:

Welche Wörter der Autor sich ausgedacht hat und welche nur selten verwendet werden, lässt sich nicht ermitteln. Manches findet sich nur bei ihm, aber eine Googlerecherche ist nie vollständig. Hier also ist meine subjektive Blütenlese. Lass dich anregen. Vielleicht nimmst du das eine oder andere Wort mit.

Liste mit fantasievollen Wörtern aus der schönen Lilofe

Nicht alles kann ich deuten oder erläutern. Aber sammeln, das ist immer möglich. Zur Verdeutlichung habe ich in einigen Fällen den Kontext beigefügt.

  1. Baumstille
  2. bergwaldduftig
  3. Blumengartenart
  4. Blumenherrlichkeit
  5. blütenbunt
  6. buntaufschäumend (… buntaufschäumende Lustigkeit)
  7. Dämmerkühle
  8. Daseinsfrühling
  9. Eitelkeitskram
  10. erdenfreudig
  11. Falterlust (… lebte ihre Mädchenzeit noch einmal in der alten Sorglosigkeit und Falterlust)
  12. februarmürrisch
  13. Frühlingsaugen
  14. Frühlingsflaggenfreude
  15. Frühlingshimmelglück
  16. frühlingswiesenbunt
  17. gänsig (Es gibt »affig« und »bärig«, aber »entig« oder »gänsig« sind mir bislang noch nicht untergekommen – auch »löwig« oder »pferdig« scheint es nicht zu geben. Dabei reden manche Menschen wirklich gänsig, sagt Bastian Sick 2009 (Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod – Folge 4). Aber er irrt, Geißler verwendete das Wort. Vor ihm aber auch schon Clemens Brentano, und das war ein paar Jahre früher.)
  18. geheimnisdurstig („Nirgend sonst im Leben sind die Augen der Mütter so ratefroh und geheimnisdurstig …“)
  19. geheimnisleer
  20. glücksfremd (so welttöricht und glücksfremd)
  21. grauseiden (von den Augen gesagt)
  22. halbflügge
  23. hälsereckend (hälsereckender Aufmerksamkeit)
  24. herzenseigensüchtig
  25. Herzensheimlichkeiten
  26. herzenshell
  27. herzzermahlend
  28. Himmelsfreude
  29. himmelsüß
  30. Hochsommerlachen
  31. hügelhell (gesagt von einem Haus)
  32. Kußbereitschaft (… sein eiferndes Dienen, seine sehnsüchtige Kußbereitschaft …)
  33. kußfroh
  34. laterneneinsam („Die Straße war laterneneinsam und die Nacht lau und voller Lenzespläne.“)
  35. leisgrau
  36. Lenzmusik
  37. lichtfroh
  38. morgenblank
  39. muttersternallein
  40. Novemberflocken
  41. ruhefroh (ruhefrohes Kinderherz, im Sinne von Ruhebedürftig)
  42. schattenstumm
  43. Schlittenfröhlichkeit
  44. sinniererisch (grüblerisch)
  45. Sommernachmittagsstille
  46. Sonnenaufgangsgesicht (Und als er ihr Sonnenaufgangsgesicht über die Berge seiner Sorgen leuchten sah, jubelte ein neuer Tag in ihm herauf.)
  47. sonnenfröhlich
  48. Sonnenrosenmann
  49. spätherbstgrauer
  50. Sternenpilger
  51. Traumesfernen
  52. Verlegenheitszeugenschaft (etwas aus Versehen mitbekommen und darüber verlegen sein)
  53. warmbelebt
  54. weltumarmerisch (… weltumarmerisch war ihm zu Mute.)
  55. Wiegentage
  56. Winterherrlichkeit
  57. Winterschlummer
  58. Wunschheimlichkeit
  59. zerstürmt (Es war eine kalte zerstürmte Februarnacht.“ Aber auch: „… zerstürmte Seele)
  60. zungenschnell

Besonders wertvolle Phrasen

  • an den veilchenblauen Pforten der Nacht
  • dächerhohe Einsamkeit
  • Das war nun alles fort, heruntergeblasen von dem strahlenden Lichterbaum ihres Herzens
  • die Erlaubnis abgeschmeichelt
  • die Sonne im Silberschaume des Himmels
  • durchdämmert von einem stillen Lichte.
  • einer sommerlichen Traumfahrt über die blauen Seen des Glücks
  • in Heimlichkeiten funkelnden Nacht
  • Lilofe trat ins Zimmer, funkelnd wie eine Morgenwiese
  • und schüttete ihr die Tränen auf das Herz
  • vorübergelachte Mädchenjahre

Zitate aus der schönen Lilofe

Als sie dann vom Fenster ihres Zimmers hinabschaute in die Nacht und schon alle Lichter im Hause ausgegangen waren, hörte sie seine Schritte in der Finsternis. Die Straße war laterneneinsam und die Nacht lau und voller Lenzespläne.

Laß sie ahnen, wie lieb Du sie hast, und sie wird Mühe haben, ihr Herz in den Händen zu behalten.

Um die Mitternacht, die diesem Tage folgte, lag Lilofe wach auf ihrem Lager. Sie stand auf und trat an das Fenster. Draußen war die hohe blaue Einsamkeit des Himmels. Da funkelten Leid und Glück um ihre Wimpern wie die Sterne.

Sie sah sich am anderen Tage noch einmal alle Sterne an, die über seinen Worten in ihr aufgegangen waren

Aber manchmal ging durch den hohen Sonnentag und die Feldstille ihrer Seele der Flug einer weißen großen Wolke und warf einen Schatten.

Bis dahin! Denn als es früh und heimlich zu dunkeln begann und ein violetter Himmel der frostkalten Nacht sich um die Schultern legte, waren der Welt zwei neue Sterne aufgegangen: die Augen Lilofes.

Werkstattbericht

Das Beitragsbild stammt aus dem Fundus von Pixabay. Die verwendeten Google Fonts sind BenchNine und PT Sans.

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