Friedrich Rückert lebte von 1788 – 1866 und war ein Genie. Er verstand sich auf mehrere Dutzend Sprachen, war Professor und Übersetzer, schrieb zahlreiche Gedichte und erfand neue Wörter.
Friedrich Rückert lebte von 1788 bis 1866 in der Nähe von Coburg und in Schweinfurt, wo man ihn in Form seines Denkmals heute noch auf dem Marktplatz treffen kann.
In verschiedenen Listen habe ich immer mal wieder einige seiner Wortideen gezeigt. Für diesmal habe ich mir gedacht, warum nicht in einem Beitrag sammeln, was es Besonderes gibt? Hier also ist eine Auswahl aus Erfindungen und Neuschöpfungen aus den Werken Friedrich Rückerts.
Rückert ist anrührend, liebend und menschlich, auch wenn aus heutiger Sicht nicht mehr jeder Text verständlich scheint. Einen besonderen Platz nehmen seine über 400 Kindertodtenlieder (Du bist ein Schatten am Tage / Und in der Nacht ein Licht …) ein. Manches bei Rückert muss man sich erarbeiten, so man es nicht erlernt hat. Nicht alles muss man mögen. Die Beschäftigung lohnt sich aber, denn die Sprache erschließt eine ganze Welt.
Um das Alles nicht zu beladen zu machen, habe ich auf Belegstellen und Erläuterungen verzichtet. Lies einfach seine Gedichte. Am Ende des Beitrags habe ich Beispiele versammelt.
Manches versetzt den Leser auch heute noch in Erstaunen. Ein paar Wörter genügen, mehr brauchte Rückert manchmal nicht. Seine Fantasie und Schöpferkraft waren immens. Zudem verwendet er natürlich auch jede Menge schöne Wörter, die nicht einzigartig sind. Mehr auf diesen Seiten:
- Goethes schönste Wörter in 41 Beispielen
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- Damals! 79 schöne vergessene Wörter von Früher … mit Erläuterungen
Ich weiß nicht, ob er diese Wörter alle selbst erfunden hat, jedenfalls hat er sie in seinen Gedichten verwendet. In vielen Fällen darf man es annehmen, da die Begriffe sonst nirgendwo zu finden sind. Oder mit des Dichters Worten:
Jede Zeil’ ein Liebesregenbogen
Jedes Wort ein lichter Stern im Blaue,
Jeder Buchstab’ eine Ros’ im Taue
So verschönt zu einer Liebesblüte
Sich das Blatt dem liebenden Gemüte.
Liste schöner zusammengesetzter Wörter aus dem Werk Friedrich Rückerts
Die Schreibweisen wurden geringfügig angepasst, aus dem “th”, wo es vorkam, wurde ein “t”.
- Abendmückentanz
- Abendnachtwind
- Abendschimmer
- Apfelblühtsprossen
- Augenspielzeug
- Augentrug
- Beifallslustgeschrei
- Betäubungsschlummer
- Blumenbilderschriften
- Blumenengel
- Blumenfunken
- Blumenlenzgespenster
- Blütenfrüchtekrone
- Bräutigamsbehagen
- empfindungsblütenweich
- Erdenwinternot
- Erinnerungsdämmerschein
- Erinnrungsduft
- Erquickungstau
- Frühlingsduftgestiebe
- Frühlingsmorgenpracht
- Frühlingsrosentag
- Frühlingsschöpferhauch
- Frühlingswunderkind
- Graunjammerüberwältigung
- Herbstabendpurpurlicht
- herbstdurchschüttert
- Herzbedarf
- herzempfindungsweich
- Herzenaugenweide
- Himmelslichtaufgänge
- Jugendfrühlingstage
- Jugendliebelebensbaum
- Kelchtropfengezitter
- Krankenstubenjammer
- Lebensfunkenschlag
- Lebensmaienflur
- Lenztaublinken
- Liebesäthersonnenmacht
- Liebesfrühlingsflor
- Liebeshimmelsblitze
- Liebesmaienwetter
- Liebesnachtundtagesgleichen
- Liebesschäfereien
- Liebesunschuldsträume
- Lustflattergeflacker
- Maienblütenflocken
- Menschenblumenknospen
- Monatsrosenlebenslauf
- Morgenabendrot
- Morgenabendrotumgränzt
- Morgenmittagswind
- Nachtigallenlenzgeschmetter
- Purpurblütenwucht
- Rosenliebesglut
- Rosenluft
- Schneeglöckchenmut
- Schneewolkenherde
- Schöpfungsletztgeborner
- sehnsuchthauchend
- Silbermondglanz
- Sternennachtgewand
- sterngestickt (sterngesticktes Gewand der Nacht)
- Traumeshimmel
- Veilchenscheue
- Veilchenschwermutsbläue
Siehe auch: 10 der schönsten und bekanntesten Frühlingsgedichte ins Bild gesetzt
Rückert in Zitaten
Was dein Herz in Traumeshimmeln hatte,
Hast du wachend nun in mir.
aus Drittes Buch, Liebesfrühling, Sechster Strauß. Verbunden.
Apfelblühtsprossen!
Mein Trautchen, o mein Trautchen über Maßen,
Du hast ein Fleisch alswie aus Wachs gegossen.
aus Band 5, Dritte Abteilung; Wanderung; Erster Teil; Erster Bezirk; Italienische Gedichte
In dunkle Ferne griff die Ahnung
Nach tief ersehntem Herzbedarf
Und sah nicht, wie mit sich’rer Bahnung
Das Glück dazu den Weg entwarf.
aus Drittes Buch, Liebesfrühling, Vierter Strauß, Entfremdet
Und den kleinsten Blumenfunken
Nimmt das Auge gern in Acht,
Da in Schnee versunken
Liegt die Frühlingspracht.
aus Zweites Buch, Siebente Reihe, Winter
Eingeschlafen im Abendhauch
War der knospende Rosenstrauch,
Und staunend, als er früh erwacht
Stand er in voller Blüthenpracht,
Was thut nicht eine Frühlingsnacht
An Menschenblumenknospen auch!
aus Zweites Buch, Vierte Reihe, Lenz.
Wenn die Schöpfung ärmer
Wird als das Gemüt,
Und die Seele wärmer
Als die Sonne glüht;
In das Winterzimmer
Flücht’ ich vor dem Herbst,
Wo du, Kerzenschimmer,
Nächte sonnig färbst.
Die verborgnen Brünste
Meines Ofens wehn,
Lassen Zauberkünste
Im Kristall mich sehn.
Blumenlenzgespenster
Ohne Farb’ und Duft
Haucht an’s kalte Fenster
Warme Zimmerluft.
aus Zweites Buch, Siebente Reihe, Winter
Den voll Scherzmut
Schwärmenden
Frühlingsrosentag,
Kaltes Herzblut
Wärmenden
Lebensfunkenschlag,
Schenke, gieb mir den roten!
Kalt sind die Toten,
Wie ich nicht werden mag.
aus Scherzhafte Trinkreime
Werkstattbericht
Das Bild Rückerts ist ein Stahlstich von Carl Barth nach einer Vorzeichnung aus dem Jahr 1843. Ich habe ein wenig Farbe dazugegeben. Die verwendeten Google Fonts sind BenchNine und PT Sans. Textrecherche via Friedrich Rückert: Gesammelte Poetische Werke in zwölf Bänden, J.D. Sauerländer’s Verlag 1882.