89 romantische Wortschönheiten aus dem Sprachschatz Eichendorffs

89 romantische Wortschönheiten aus dem Sprachschatz Eichendorffs

Joseph von Eichendorff lebte von 1788 bis 1857. Und er ist ein Phänomen. Er wird immer noch gelesen, und das nach so vielen Jahren.

Vornehmlich die Gedichte vermögen es, uns anzurühren wie kaum ein anderes Zeilenwerk. Grund dafür sind auch die von Eichendorff benutzten Wörter. In ihnen schimmert ein fast vergessener Kosmos auf. Das Leben, wie es in Deutschland einmal war und jetzt eben nicht mehr ist.

Schöne Wörter Bücher Eine Bibliothek der schönen Wörter ... Ja, es gibt sie noch, die schönen Wörter. Begriffe mit dem besonderen Klang. Wörter, die Sehnsüchte und Erinnerungen in uns hervorrufen. Die Welt von damals, sie ist noch vorhanden. Erinnerungen an Altes und längst Vergessenes. Was verloren ging, ging nie ganz, die Sprache bewahrt es für uns. Hier ist eine wunderfrohe Blütenlese in Buchform mit den schönsten Wörtern der deutschen Sprache. Jetzt ansehen

Eichendorff bedient Sehnsüchte, lässt träumen und bleibt bei aller Kunstsprache meist gut verständlich. Das hält sein Werk frisch.

Viele lieben ihn. Er bedient Sehnsüchtige, lässt träumen und bleibt bei aller Kunstsprache zumeist gut verständlich. Das hält sein Werk frisch.

Wirklich bessere Zeiten früher? Das muss jeder selbst entscheiden. Bequemer geht es mit Sicherheit heute zu. Zumindest vermittelt uns Eichendorff eine Ahnung von dem, was wir verloren haben.

Es ist keine Deutschtümelei, denn der Dichter ist authentisch. Er hat es eben so gefühlt, wie er es aufgeschrieben hat. Nicht mehr, nicht weniger. Für die Ewigkeit reicht es nicht, aber sicherlich noch für das eine oder andere Jahrhundert.

Da es auf dieser Website einzig um Wörter geht, habe ich Eichendorffs Lyrik und Prosa auf das Vokabular hin durchgeschaut. Welche schönen Wörter hat er verwendet? Und ja, es gibt einige davon. Gefühlsüberschwang und Erfindungsreichtum kommen hier auf das Glücklichste zusammen.

Übrigens: Joseph von Eichendorff wird im Grimmschen Wörterbuch über tausendmal zitiert. Eine reife Leistung, wie ich finde. Siehe auch:

Eine Liste sprachschöpferischer Wörter aus Eichendorffs Werk

Diese Wörter vermitteln einen Eindruck von Eichendorffs untergegangener Welt. Man kann sie für eigene Texte verwenden, oder in den Wörtern schwelgen. Welche dieser Wörter zu seiner Zeit Neologismen waren, also von ihm erfundene Wörter, vermag ich nicht festzustellen. In Klammern finden sich Originalstellen als Beleg. Mehr Wörter und mehr Zitate wären möglich gewesen, würde aber den Umfang sprengen.

  1. bettelwenig (so bettelwenig Phantasie …)
  2. bitterwahr
  3. Blütenflocken (Und Blütenflocken fielen / Mir über Brust und Haupt)
  4. Blütenschimmer (Daß sie im Blütenschimmer / Von ihm nun träumen müßt‘)
  5. buntbewegt (Bald werd ich dich verlassen, / Fremd in der Fremde gehn, /Auf buntbewegten Gassen / Des Lebens Schauspiel sehn;)
  6. buntglühend (mit buntglühenden, wunderbar ineinander verschlungenen Blumen gestickt …)
  7. duftschwül
  8. dunkelfeucht (Warum sind so blaß die Wangen, / Dunkelfeucht der Augen Glanz, / Und ein heimliches Verlangen / Schimmert glühend durch den Tanz?)
  9. durchfunkeln (Bis daß das ew’ge Morgenrot / Den stillen Wald durchfunkelt)
  10. emporflügeln
  11. farbentrunken (Farbentrunken will ich schreiten / Blumen sollen Tepp’che breiten)
  12. Feenburg (und so machte dieser seltsame, bunte Haushalt diesen ganzen Aufenthalt zu einer wahren Feenburg)
  13. Feenzeit
  14. froherschrocken (Schon klingen Morgenglocken / Der liebe Gott nun bald / Geht durch den stillen Wald. / Da kniet ich froherschrocken)
  15. Frühlingslaub (Die Luft mit lindem Spielen / Ging durch das Frühlingslaub)
  16. glückverborgen
  17. glühendwild (Glühendwild, / Zärtlichmild / Tauchest in Musik du nieder / Und die Woge hebt dich wieder.)
  18. grünfeurig
  19. hellfrisch (Ich hab ein Liebchen lieb recht von Herzen, / Hellfrische Augen hats wie zwei Kerzen, / Und wo sie spielend streifen das Feld, / Ach, wie so lustig glänzet die Welt!)
  20. Hoppevogel (Wenn der Hoppevogel schreit, / Ist der Tag nicht mehr weit. Der Hoppevogel ist ein Wiedehopf)
  21. kühlrauschend (Kühlrauschend unterm hellen / Tiefblauen Himmelsdom)
  22. lenzfrisch
  23. Luftbad
  24. mondbeglänzt (Und flüsterte wie in Träumen / Die mondbeglänzte Nacht.)
  25. Mondscheinjäger
  26. Mondscheinprovinz
  27. Morgenbrand (Es steht ein Berg in Feuer, / In feurigem Morgenbrand, / Und auf des Berges Spitze / Ein Tannbaum überm Land.)
  28. Morgenduft (Unsichtbar Ringen / In der stillen Luft, / Du träumend Singen / Im Morgenduft!)
  29. Morgenglanz (Wo Morgenglanz geblendet meinen Sinn)
  30. Morgenkühle (Als der Turmwächter bei Anbruch des Tages hoch über den Schlummernden sein geistliches Lied durch die stillen Lüfte sang, erhob sich unten allmählich einer nach dem andern, in die falbe Morgenkühle schauend.)
  31. Morgenschein (Und, wie heller Morgenschein, / Dringts durch Lust und irdschen Schmerz)
  32. Morgenstille (So sausten sie unaufhaltsam dahin, man hört‹ es noch lange durch die heitere Morgenstille rumpeln und schimpfen)
  33. Mühlenrad (In einem kühlen Grunde / Da geht ein Mühlenrad, / Meine Liebste ist verschwunden, / Die dort gewohnet hat.)
  34. Nebelferne
  35. Schalkstat (Schwänke und Schalkstaten) …
  36. Schaumspiel
  37. Schellengeklingel (In der Residenz zog der Winter prächtig ein mit Schellengeklingel, frischen Mädchengesichtern, die vom Lande flüchteten, mit Bällen, Opern und Konzerten, wie eine lustige Hochzeit.)
  38. seelenvergnügt
  39. Sehnsuchtsschauer (Und muß in Sehnsuchtsschauern / Hier ruhmlos untergehn!)
  40. Sinnesfesseln
  41. Sommerblick
  42. sommerabendlich
  43. Sommerregen
  44. Sonnenblick (Ein heller Sonnenblick durch eine Öffnung des Bogenganges schweifte soeben scharf beleuchtend über die blühende Gestalt.)
  45. Sonntagsstille
  46. Sterngrund
  47. Sternkleid (Die Mutter Gottes wacht, / Mit ihrem Sternenkleid)
  48. Sternmantel (Decke zu der letzten Ruh / Mütterlich den müden Wandrer / Mit dem Sternenmantel zu.)
  49. stillbetend (Und auf dem Fels die mildeste der Frauen / Zählt ihre Kinder und der Schiffe Trümmer, / Stillbetend, daß sich rings die Stürme legen.)
  50. Stromeskühle
  51. Sturmgewölk
  52. sündengrau
  53. süßverträumt
  54. trägringelnd (wanden sich überall trägringelnd lange Nebelstreifen …)
  55. traumberückt
  56. Traumblüte (Am folgenden Morgen, als Florio soeben seine Traumblüten abgeschüttelt und vergnügt aus dem Fenster über die in der Morgensonne funkelnden Türme und Kuppeln der Stadt hinaussah, trat unerwartet der Ritter Donati in das Zimmer.)
  57. traumtrunken
  58. Trösteinsamkeit (Die Familie ist doch die schönste Trösteinsamkeit.)
  59. Trotzmut
  60. überglänzen
  61. Vorfrühlingsabend (An einem von jenen wundervollen Vorfrühlingstagen, wo die ersten Lerchen wieder in der lauen Luft schwirren.)
  62. vorübergaukeln
  63. vorüberschweifen
  64. vorübertanzen
  65. wälderwärts
  66. Waldesduft
  67. Waldeseinsamkeit (Nun rauschet es so sacht / In der Waldeinsamkeit, / Gute Nacht —«)
  68. Waldesgrund
  69. Waldhauch
  70. Waldeskühle
  71. Waldesrauschen (Klang, Duft und Waldesrauschen.)
  72. Waldesschatten
  73. Waldesschauer (Nicht mehr in Waldesschauern / An jäher Klüfte Rand, / Wo dunkle Tannen trauern)
  74. Waldgrund
  75. weinumrankt (In diesem Tale standen ehemals ein kleines Jägerhaus, man sahs vor Blüten kaum, so überwaldet wars und weinumrankt bis an das Hirschgeweih über dem Eingang: in stillen Nächten, wenn der Mond hell schien, kam das Wild oft weidend bis auf die Waldeswiese vor der Tür.)
  76. weitgestirnt (Die weitgestirnten Nächte …)
  77. weltschmerzdunkel (Deine Blicke, weltschmerzdunkel)
  78. Wintereinsamkeit (»Ich führt‹ dich oft spazieren / In Wintereinsamkeit, / Kein Laut ließ sich da spüren, / Du schöne, stille Zeit!«)
  79. Wogenrauschen
  80. wogenwärts
  81. wohlausstaffiert
  82. wohlbehaglich
  83. wohlleibig (Die einen konnten nicht fliegen, / So wohlleibig, träg und schwer)
  84. wunderbarlich
  85. Wunderglanz
  86. wunderlieblich (Ein Gesang schwoll wunderlieblich aus der Mitte dieses Tales …)
  87. wunderstill
  88. Wunderwald
  89. Wunderzeit (Dir war’s vergönnt, zu leben / In dieser Wunderzeit.)
  90. Zauberlied (Wir wollen zusammen ziehen, / Bis daß wir wandermüd / auf des Vaters Grabe knieen / Bei dem alten Zauberlied.)

Siehe auch: 10 berühmte klassische Gedichte ins Bild gesetzt

Zitate aus Eichendorffs Werk

Als der Turmwächter bei Anbruch des Tages hoch über den Schlummernden sein geistliches Lied durch die stillen Lüfte sang, erhob sich unten allmählich einer nach dem andern, in die falbe Morgenkühle schauend.

Josef von Eichendorff: Viel Lärmen um Nichts

So war ich in ein enges Tal gekommen, das rings von hohen Felsen eingeschlossen war. Kein rauhes Lüftchen wehte hier herein; alles war hier noch grün und blühend wie im Sommer. Ein Gesang schwoll wunderlieblich aus der Mitte dieses Tales. Erstaunt bog ich die Zweige des dichten Gesträuches, an dem ich stand, auseinander – und meine Augen senkten sich trunken und geblendet vor dem Zauber, der sich mir da eröffnete.

Josef von Eichendorff: Die Zauberei im Herbste (Märchen), 1808

Ihr langes goldenes Haar fiel in reichen Locken über die fast bloßen, blendendweißen Achseln bis auf den Rücken hinab; die langen, weiten Ärmel, wie vom Blütenschnee gewoben, wurden von zierlichen goldenen Spangen gehalten; den schönen Leib umschloß ein himmelblaues Gewand, ringsum an den Enden mit buntglühenden, wunderbar ineinander verschlungenen Blumen gestickt. Ein heller Sonnenblick durch eine Öffnung des Bogenganges schweifte soeben scharf beleuchtend über die blühende Gestalt.

Josef Freiherr von Eichendorff: Das Marmorbild, 1819

Mir träumt‘, ich ruhte wieder
Vor meines Vaters Haus
Und schaute fröhlich nieder
Ins alte Tal hinaus,
Die Luft mit lindem Spielen
Ging durch das Frühlingslaub,
Und Blütenflocken fielen
Mir über Brust und Haupt.

Josef von Eichendorff: Nachklänge (Gedicht)

Mondnacht (Gedicht)

Mondnacht heißt eines seiner bekanntesten Gedichte. Es wurde 1837 veröffentlicht.

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Kurzbio Joseph von Eichendorff

Joseph von Eichendorff, geboren am 10. März 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor in Schlesien, war einer der bedeutendsten Dichter und Schriftsteller der deutschen Romantik. Nach einem Studium der Rechtswissenschaften in Halle und Heidelberg trat er in den preußischen Staatsdienst ein und verbrachte viele Jahre in verschiedenen administrativen Positionen.

Mit einer Feder voller Poesie und einem Herz voller Sehnsucht schuf er einige der meistgesungenen deutschen Lieder und unvergessliche Gedichte.

Seine Werke wie „Aus dem Leben eines Taugenichts“ sind durchdrungen von einer Leichtigkeit und einem Sinn für das Erhabene in der Natur. Eichendorffs Worte tanzen oft beschwingt durch Landschaften und Träume, eingefangen in einer Sprache, die bis heute bezaubert.

Seine Liebe zum Wandern und zur freien Natur spiegelt sich in seinen Texten wider und inspiriert Leser, die Schönheit der Welt mit frischen Augen zu sehen. In Eichendorffs Welt ist die Poesie ein ständiger Begleiter, der das Leben bereichert und verzaubert.

Werkstattbericht

Das Beitragsbild nutzt eine alte Radierung nach einer Zeichnung von Franz Kugler. Das Bild ist gemeinfrei und wurde von mir verfremdet. Die verwendeten Google Fonts sind BenchNine und PT Sans. Recherche via Google in Eichendorffs Werk und im Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Unter Zuhilfenahme von Friedrich Maurer, Heinz Rupp: Deutsche Wortgeschichte, Teil 2 von 1974. Zitate unter anderem via Zeno, DTA und Projekt Gutenberg.

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