
Es ist eine kühle, ungemütliche Nacht, wie sie im Herbst oft vorkommt. Ich finde, es gibt nichts Besseres, um einen Totengräber wie mich in Stimmung zu bringen. Ihr mögt es vielleicht unangenehm finden, doch das liegt schlicht an meiner Profession. Ich kenne den Geruch von feuchter Erde und das unverwechselbare Aroma, das ein frisches Grab verströmt, besser als mein eigenes Spiegelbild. Leichen sind mein Handwerk, meine Kunst. Heutzutage hat der Tod seinen Schrecken verloren, verborgen hinter sterilen Krankenhauswänden und professionellen Bestattungsdiensten. Aber es war nicht immer so.
Leichen, Tote & Verstorbene
In der Vergangenheit hatte der Tod seinen Platz in der Gemeinschaft. Man könnte sogar sagen, der Tod war ein häufiger Gast in den Häusern. Er wurde akzeptiert, und die Leichen wurden zu Hause aufgebahrt, bevor sie ihre letzte Ruhe fanden. Ja, die Sprache spiegelte das wider. Ehrliche, direkte Worte wurden gebraucht, nicht diese beschönigenden Umschreibungen von heute.
Eine Bibliothek der schönen Wörter ... Ja, es gibt sie noch, die schönen Wörter. Begriffe mit dem besonderen Klang. Wörter, die Sehnsüchte und Erinnerungen in uns hervorrufen. Die Welt von damals, sie ist noch vorhanden. Erinnerungen an Altes und längst Vergessenes. Was verloren ging, ging nie ganz, die Sprache bewahrt es für uns. Hier ist eine wunderfrohe Blütenlese in Buchform mit den schönsten Wörtern der deutschen Sprache. Jetzt ansehen
Heute jedoch verbergen sich die Leichen hinter Begriffen wie „Verstorbene“ oder gar „Dahingeschiedene“. Sie werden in temperierten Räumen aufbewahrt, weit entfernt von den Augen der Lebenden. Die moderne Sprache hat uns von der Realität des Todes entfremdet und ihn in eine ferne Ecke unseres Bewusstseins verbannt. Siehe auch:
- 99 Wörter des Schreckens, des Grauens und des Horrors
- 89 traurige Wörter für elende Zeiten
- Der Krieg in kriegsfernen Zeiten – 225 Wörter mit Krieg
So sitze ich hier, in der Kälte dieser Herbstnacht, und grabe ein weiteres Grab. Aber ich frage mich, ob es nicht an der Zeit ist, die alten Wörter wieder in unsere Sprache einzuführen, um den Tod und damit das Leben in seiner ganzen Fülle zu akzeptieren. Nur durch die Ehrlichkeit der Sprache können wir die unvermeidliche Realität des Todes wirklich begreifen. Nur so können wir lernen, mit unserer eigenen Sterblichkeit Frieden zu schließen. Und nur so können wir endlich anfangen, wirklich zu leben.
Liste von Wörtern mit Leiche
Vielleicht nicht schön, aber immer echt. Die meisten dieser Wörter sind alt, sind in gewisser Weise also selbst Leichen. Die laufen uns nicht mehr weg. Alphabetisch sortiert. Definitionen stammen aus dem Grimmschen Wörterbuch.
- Leichenacker (Friedhof)
- Leichenangesicht (Gesicht einer Leiche oder wie einer Leiche)
- leichenartig (nach Art einer Leiche)
- Leichenbahre (Totenbahre)
- Leichenbegleit(er) (Begleitung einer Leiche beim Begräbnis)
- Leichenbeschauer
- Leichenbesorger (einer, der das Waschen, Ankleiden und das Begraben der Leichen besorgt)
- Leichenbestatter
- Leichenbestattung
- Leichenbier
- Leichenbitter (der zur Begleitung einer Leiche im Namen der Hinterlassenen einladet)
- Leichenbitterin (Klageweib)
- leichenblass
- Leichenblässe
- leichenbleich (bleich wie eine Leiche)
- Leichenbrand (Verbrennung einer Leiche)
- leichenbrandig
- Leichenbuch (Totenregister)
- Leichenchor (Chor der bei der Beerdigung einer Leiche gesungen wird)
- Leichendecke (schwarze Decke, wie sie über eine Leiche und deren Sarg gebreitet wird)
- Leichendieb
- Leichendienst (Dienst bei Beerdigung einer Leiche)
- Leichenduft (Duft von Leichen oder wie von Leichen)
- Leicheneule (Name der gemeinen Eule, sowie des kleinen Kauzes, weil ihr Geschrei für einen Vorboten des Todes gehalten wird)
- Leichenfackel (Fackel die bei der nächtlichen Beerdigung einer Leiche vorangetragen wird, Totenfackel)
- Leichenfackelschein
- leichenfahl (fahl und blass wie eine Leiche)
- leichenfarben
- Leichenfeier
- Leichenfeierlichkeit
- Leichenfeld (mit Leichen bedecktes Feld, Schlachtfeld)
- Leichenfest (Leichenfeier; Feier oder Fest für einen Gestorbenen)
- Leichenfeuer
- Leichenfleck (Totenfleck)
- Leichenfrau (Frau welche die Toten wäscht und kleidet; Totenfrau)
- leichenfrei (frei von Leichen)
- leichenfressend
- Leichengedeck (Leichendecke, Sargdecke)
- Leichengedicht
- Leichengefolge (Gesamtheit der einer Leiche bei ihrem Begräbnisse folgenden)
- Leichengeheul (Geheul über einer Leiche)
- Leichengeleit (Geleit einer Leiche zu Grabe und Gesamtheit der Geleitenden)
- Leichengepränge
- Leichengeruch (Geruch wie er von einer Leiche ausgeht)
- Leichengerüst (Gerüst für den Sarg mit der Leiche bei einer pomphaften Beerdigung)
- Leichengesang (Gesang der über einer Leiche, namentlich bei deren Beerdigung angestimmt wird)
- Leichengeschrei (Klaggeschrei)
- Leichengestank
- Leichenglocke (die bei dem Tode eines Menschen geläutet wird)
- Leichengrab
- Leichengruft
- Leichenhacker (andere Bezeichnung für die Geier, die sich an Toten zu schaffen machen)
- leichenhaft (leichenartig)
- Leichenhalle
- Leichenhaus
- Leichenhemd (Totenhemd)
- Leichenhügel (Grabhügel)
- Leichenhuhn (die gemeine Eule und der kleine Kauz sind gemeint)
- leichenkalt
- Leichenkammer (Kammer zur Aufbewahrung von Leichen)
- Leichenkeller (Keller zur Aufbewahrung von Leichen)
- Leichenkerze
- Leichenklage
- Leichenkleid
- Leichenkorb
- Leichenkosten
- Leichenlager (Bettstelle worauf eine Leiche liegt. Auch Lager in dem Leichen liegen; Totenacker)
- Leichenlaken
- leichenlangsam
- Leichenlied
- Leichenmahl
- leichenmässig
- Leichenmusik
- Leichenöffnung (Obduktion)
- Leichenprediger
- Leichenpredigt
- Leichenrede
- Leichenschau
- Leichenschleier (Trauerschleier)
- Leichenschmaus
- Leichenschmücker (jemand der Leichen zurechtmacht, so dass sie präsentabel sind. Macht heute der Bestatter)
- Leichenschreiber
- leichenschwer
- Leichenschwere
- Leichenstarre
- Leichenstein
- leichenstumm
- Leichentext
- Leichenträger
- Leichentuch
- Leichenvogel (Geier, Rabe)
- leichenvoll (voll mit Leichen, zum Beispiel ein Schlachtfeld oder eine bombardierte Stadt)
- Leichenwachs (bei Leichen durch längeres Liegen in Wasser oder feuchtem Erdreich entstehende wachsartige Substanz)
- Leichenwagen
- Leichenwall (Wall aus Leichen; aufgeschichtete tote Körper)
- Leichenweg (Weg auf dem die Leichen zum Friedhof geführt werden)
- Leichenweib (Klageweib, Trauerweib, Seelfrau, Leichenbitterin)
- leichenweiß
- Leichenzug
- Nachtleiche (Leiche die nachts begraben wird)
- Wandelleiche (ein abgezehrter, kranker Mensch, eine wandelnde Leiche)
Leichen pflasterten auch die Literatur
Auf einmal dehnte eine Gestalt sich unter ihnen aus mit einem leichenweißen unbeweglichen Angesichte, mit weißen Lippen, mit weißen Augenbraunen und Haaren. Die Gestalt suchte den Kranken mit gekrümmten langen Fühlhörnern, die aus den leeren Augenhölen spielten. Sie wiegte sich näher, und die schwarzen Punkte der Fühlhörner schossen wie Eisspitzen, kalt wehend um sein Herz.
Jean Paul Richter: Dr. Katzenbergers Badereise, 1809
Es war gerade zur glühendsten Zeit des chinesischen Sommers; meist mußte man halb verdurstend kämpfen, geblendet von Staub, unter einer Sonne, die ebenso verderblich war wie die Kugeln, und in unausgesetztem eklen Leichengeruch.
Pierre Loti: Die letzten Tage von Peking, 1900
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Werkstattbericht
Für diesen Beitrag habe die KI ChatGPPT gebeten, meinen einleitenden Text aus der Sicht eines Totengräbers umzuschreiben, wie ihn Charles Dickens hätte erfinden können. Ich finde, das ist ihm gut gelungen. Die Abbildung erschuf die KI DALL-E.
